Die kulturelle Dimension der nicht/nachhaltigen Entwicklung

Typ: Seminar
SWS: 2
Credit Points: k.A.

Kursbeschreibung / -kommentar

Die öffentliche Umweltdebatte ist fast ein halbes Jahrhundert alt und begann mit der Veröffentlichung von "Silent Spring" durch die US-Meeresbiologin Rachel Carson. 1972 fand die erste Umweltkonferenz der Vereinten Nationen statt, während der Club of Rome seinen ersten Bericht herausgab: "Die Grenzen des Wachstums" von Dennis Meadows. Seitdem hat es weder an Konferenzen noch an Studien zu Umweltthemen gefehlt. Heute sind die Probleme und die bewährten Lösungen bekannt. Sie werden zum Beispiel in Büchern wie "Faktor 4" oder "Zukunftsfähiges Deutschland" ausführlich beschrieben. Trotzdem scheinen Wissen und Information keine ausreichende Voraussetzung für einen Wandel in Richtung Nachhaltigkeit zu sein: Unsere Gesellschaft will weiter wachsen, obwohl sie weiß, dass sie damit ihre Zukunft gefährdet. Nicht einmal die sehr bescheidenen Ziele des Kyoto-Protokolls wurden bisher konsequent umgesetzt. Von den "Millenniumszielen" der Vereinten Nationen ist die Weltgemeinschaft ebenso weit weg. Vor der drohenden globalen Krise scheint die Gesellschaft der Innovation und des „flexiblen Menschen“ (Richard Sennett) besonders schwerfällig zu sein.
Die bisherige Nachhaltigkeitsdebatte war vor allem auf neue Technologien, Effizienz und ökologische Modernisierung der Wirtschaft fokussiert. Es wurde aber selten die Frage gestellt, was den gesellschaftlichen Prozess in Richtung Nachhaltigkeit fördert oder hemmt.

Bei diesem Projektseminar werden beide, die nicht-nachhaltige und die nachhaltige Entwicklung, aus einer kulturellen Perspektive betrachtet.

In der gesellschaftlichen Entwicklung liefert die Kultur den „Bauplan“ für die Transformation der Umwelt und die Reproduktion der gesellschaftlichen Ordnung. Wie wir die Umwelt wahrnehmen und behandeln, hängt von einem bestimmten Wertesystem ab, das jeder von uns durch die Sozialisierung verinnerlicht. In modernen Gesellschaften stützt sich die Dominanz und die Verbreitung von Werteinstellungen auf Massenmedien und Bildungsinstitutionen.
Wenn die drohende globale Krise das Ergebnis des heute dominanten Entwicklungsmodells ist und dieses Entwicklungsmodell ein „kulturelles Programm“ ist, dann ist die globale Krise die Krise einer Kultur. Das Projektseminar will deshalb die nachhaltige Entwicklung als Möglichkeit des kulturellen Wandels in unserer Gesellschaft erforschen.

Nach einer theoretischen Einführung in die kulturelle Dimension der nicht/nachhaltigen Entwicklung sollen die Studenten versuchen, die Werte hierarchisch aufzulisten, an denen sich die Politik der Regierung oder das Handeln von Unternehmen und Verbrauchern orientieren (z.B. Wachstum, technologischem Fortschritt, quantitativer Rationalität, Besitz, Macht, Freiheit).
Jede Projektgruppe wird sich dann mit einem dieser Werte wissenschaftlich und kritisch auseinandersetzen und am Ende des Projektseminars die Ergebnisse der eigenen Untersuchung präsentieren.