Kulturelles Gedächtnis, Immaterielles Erbe, Mediale Adaption

Typ: Seminar
SWS: 2
Credit Points: k.A.

Kursbeschreibung / -kommentar

Erinnerungen gehören zum Unzuverlässigsten, was wir Menschen besitzen. Mit der Zeit, über die Generationen hinweg, verblassen selbst die wichtigsten Erinnerungen: das lebendige, durch Menschenmedien transportierte Gedächtnis weicht einem mediengestützten Gedächtnis. In der kulturgeschichtlichen Entwicklung treffen wir dabei zunächst auf ein medial durch Sekundärmedien (Schrift), dann durch Tertiärmedien (elektronische Medien) und schließlich durch Quartärmedien (Internet) gestütztes Gedächtnis.

Die Ethnologie beschäftigt sich seit jeher mit der Frage wie es gelingen kann, fremde Kultur medial zu adaptieren um sie entweder unmittelbar für das eigene Funktionsgedächtnis fruchtbar zu machen, oder aber im Speichergedächtnis (Archiv) für später einmal möglicherweise wieder erneut relevant werdende Perspektiven auf Menschsein zu bewahren. Mit dem global zunehmenden Interesse an „Kultur“ allgemein und den vielerorts angestrebten Programmen „kultureller Revitalisierung“ im Besonderen, rückt diese Kernkompetenz der Ethnologie - freilich unter postkolonialen Vorzeichen - erneut ins Blickfeld. Da es keine Selbstorganisation des kulturellen Gedächtnisses gibt, ist dieses auf entsprechende politische Prozesse angewiesen. So hat z.B. die UNESCO bestimmte, nicht materielle Kulturtraditionen zum „Intangible Cultural Heritage“ erklärt, steht jetzt aber vor dem Problem, wie immaterielle Kultur medial adaptiert werden soll, ohne gleichzeitig Musealisierung, Kommerzialisierung oder Folklorisierung derselben Vorschub zu leisten.

Im Seminar wird die Frage gestellt, auf welcher epistemologischen Grundlage man sich heute diesem Feld nähern kann, und wie ein „state of the art“ Projekt medialer Adaption von immaterieller Kultur aussehen müßte.